Peter Thiel – Zero to one

„Nichts ist schwieriger und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!“ (Kurt Tucholsky)

Zero to one bietet anregende und kurzweilige Lektüre über Erfolgsfaktoren neugegründeter Unternehmen – jenseits redundanter, amerikanischer Wirtschaftsliteratur. Besondere Aufmerksamkeit erhält die Befürwortung von Monopolen. Liest man Thiel genauer, löst sich das als sprachlicher Taschenspielertrick auf. „Seine“ Monopole können leicht mit Alleinstellungsmerkmal betitelt werden und sind wirtschaftswissenschaftlicher Mainstream. Allerdings formuliert er eine ganz spannende Frage für Bewerbungssituationen, bei deren Beantwortung er sich aber nicht an die selbst definierten Spielregeln hält. „Welche Ihrer Überzeugungen würden nur wenige Menschen mit Ihnen teilen?“ Dass Technologie bestimmender als Globalisierung ist, klingt für mich nicht gerade nach Querdenker. Meine Antwort wäre, dass viele Menschen glauben, mit bewusster Polarisation in Debatten punkten zu können. Ich glaube, dass Differenzierung hilfreicher ist – zumindest, wenn man mehr erreichen will als kurzfristige Aufmerksamkeit.

Nächstes Buch: Christoph Keese – Verantwortung jetzt!

Andrew Blum – Kabelsalat

„Manchmal hat die Antwort auf die Frage ‚Wo ist meine E-Mail?‘ eher was mit Quanten zu tun als mit Newton“ (namenloser Experte für Rechenzentren)

Andrew Blum hat eine laaange Reportage geschrieben, wenig Tiefgründiges, wenig Zusammenhänge, aber anschaulich. Muss man mögen – tue ich bedingt. Er macht sich auf die Reise, die physische Infrastruktur des Internets samt ihrer Sehenswürdigkeiten zu besuchen, z.B. den Internetknoten De-CIX in Frankfurt. Selbst wenn über den Breitbandausbau debattiert wird, vergessen schließlich viele, das das Internet höchst physisch ist. Es besteht aus langen Kabeln, die in aller Regel vergraben oder versenkt werden, irgendwo in ein Haus gehen und manchmal wieder herauskommen. Was man sich ebenfalls selten bewusst macht: bei jedem Aufruf einer Internetseite fängt irgendwo ein Computer an zu arbeiten. Blum stattet diesen Kabeln, Häusern und Servern einen Besuch ab. Ich wusste schon vorher ziemlich genau, unter welcher Karlsruher Adresse meine E-Mails eingehen. Jetzt weiß ich auch noch halbwegs, auf welchem Weg sie von dort zu mir nach Hause kommen.

Nächstes Buch: Peter Thiel – Zero to one

Robert & Edward Skidelsky – Wie viel ist genug?

„Warum werde ich nicht satt?“ (Campino)

Vater & Sohn Skidelsky haben das bisher anregendste Buch zu meiner kleinen Lesereise beigetragen, obwohl es gen Mitte mit längeren Variationen über das selbe Thema einen kleinen Hänger hat. Häufig ist der Adressat in erster Linie die staatliche Wirtschaftspolitik (bedingungsloses Grundeinkommen, Werberegulierung). Aber vor allem der Leser selbst bekommt Denkanstöße, ein gutes Leben zu führen. Die Skidelskys sind keine fundamentalen Kapitalismuskritiker, wollen die Gesellschaft aber von Knappheitsdogma und ständigem Effizienzstreben befreien und ihr das Bewusstsein zurück geben, genug zu haben und sich um eine gerechtere Verteilung zu sorgen. Schließlich sind Wohlstand und Glück ihre Absolutheit abhanden gekommen und in Relation gibt es stets jemanden, der mehr hat und dafür sorgt, dass das Individuum im Streben, diese Differenz wett zu machen, nicht zur Ruhe kommt. Als Messgrößen und Ziele für ein gutes Leben definieren die Autoren sieben Basisgüter: Gesundheit, Respekt, Sicherheit, Harmonie mit der Natur, Freundschaft, Muße und Persönlichkeit (nicht immer im üblichen Wortverständnis). Auch wenn sie keine Rangliste aufstellen, scheint ihnen die Muße besonders am Herzen zu liegen. Der Mensch soll seine hoffentlich ausreichend vorhandene Freizeit nicht gelangweilt vertrödeln, sondern etwa zu unbezahlten Engagement oder für die eigene Horizonterweiterung nutzen. Wohlan!

Nächstes Buch: Andrew Blum – Kabelsalat